Amazon Prime Video – Gericht erklärt Werbeeinführung für rechtswidrig Gerichtsurteil München I, Sammelklage Verbraucherzentrale, 2,99-Euro-Zusatzabo

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Das Landgericht München erklärt Amazons Einführung von Werbung bei Prime Video für rechtswidrig. Kunden hätten der Änderung zustimmen müssen. Sammel- und Abschöpfungsklagen könnten für Amazon teuer werden.

Amazon Prime Video - Gericht erklärt Werbeeinführung für rechtswidrig

Ein gemütlicher Serienabend ohne Unterbrechung war für viele Prime-Video-Abos lange gesetzt. Seit Februar 2024 platzte Amazon allerdings mitten ins Streaming-Erlebnis und führte Werbung ein, es sei denn, man zahlte 2,99 Euro extra pro Monat. Genau dieses Vorgehen hat das Landgericht München I nun als rechtswidrig eingestuft und Amazon damit eine empfindliche juristische Niederlage beschert.

Werbung ohne Zustimmung der Kunden

Amazon hatte Anfang 2024 rund 17 Millionen Prime-Mitglieder per Mail darüber informiert, dass Prime Video künftig Werbung enthalten werde. Laut Amazon ändere sich an der Mitgliedschaft „nichts Wesentliches“. Wer dennoch werbefrei schauen wollte, musste ein Zusatzabo buchen. Eine ausdrückliche Zustimmung der Nutzer holte Amazon nicht ein.

Genau hier liegt der Kern des Problems. Die Richter folgten der Argumentation des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv): Kunden seien beim Abschluss ihres Abos berechtigterweise von einem werbefreien Streaming-Angebot ausgegangen. Diese Werbefreiheit sei ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags gewesen und damit kein Detail, das Amazon einseitig ändern dürfe.

Gericht: Werbefreiheit ist Vertragsbestandteil

In der Urteilsbegründung (Az.: 33 O 3266/24) stellt das Gericht klar, dass der „ungestörte Werkgenuss“ einen maßgeblichen Wertfaktor für Prime-Video-Kunden darstellt. Weil Amazon Prime Video ursprünglich ohne Werbung angeboten habe, hätte der Konzern für eine solche Änderung die aktive Zustimmung der Nutzer einholen müssen.

Besonders deutlich fiel auch die Bewertung der damaligen Kundenmail aus. Die Formulierung, es bestehe „kein Handlungsbedarf“, werteten die Richter als irreführend. Amazon habe damit suggeriert, zu einer einseitigen Vertragsänderung berechtigt zu sein, was weder durch die Nutzungsbedingungen noch durch das Gesetz gedeckt sei.

Amazon wurde verpflichtet, sein Verhalten gegenüber den Kunden zu berichtigen und entsprechende Schreiben zu versenden. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, eine Berufung ist möglich.

Sammelklage: Rückerstattungen von bis zu 35,88 Euro pro Jahr

Parallel zum Urteil läuft eine Sammelklage der Verbraucherzentrale Sachsen, der sich alle betroffenen Prime-Video-Nutzer anschließen können. Wer das werbefreie Zusatzabo abgeschlossen hat, kann die gezahlten 2,99 Euro pro Monat zurückfordern. Aber auch Nutzer ohne Zusatzabo können teilnehmen: Nach Ansicht der Verbraucherschützer steht ihnen eine Entschädigung in gleicher Höhe zu.

Pro Jahr summiert sich das auf 35,88 Euro, und da sich das Verfahren über mehrere Jahre ziehen dürfte, könnten sich entsprechende Beträge ansammeln. Eine Anmeldung zur Sammelklage ist weiterhin möglich.

Zusätzlich: Gewinnabschöpfungsklage gegen Amazon

Damit nicht genug: Neben der Sammelklage hat die Verbraucherzentrale Sachsen auch eine Gewinnabschöpfungsklage eingereicht. Ziel ist es, die Einnahmen aus der Werbeoption abzuschöpfen, die laut Schätzungen bei bis zu 1,8 Milliarden Euro liegen könnten. Dieses Geld würde im Erfolgsfall allerdings nicht an die Nutzer gehen, sondern in den Bundeshaushalt fließen.

Amazon widerspricht – „Wir prüfen das Urteil“

Amazon selbst zeigt sich erwartungsgemäß wenig begeistert. Ein Sprecher erklärte, man respektiere die Entscheidung, sei aber mit den Schlussfolgerungen nicht einverstanden. Man habe die Kunden transparent und rechtzeitig informiert und werde das Urteil nun prüfen.

Einschätzung

Das Urteil ist ein deutliches Signal an Plattformbetreiber: Abo-Modelle lassen sich nicht nach Belieben umdefinieren, schon gar nicht zulasten der Nutzer. Sollte das Urteil Bestand haben, dürfte es weit über Prime Video hinaus Wirkung entfalten. Auch andere Streaming- und Digitaldienste werden ihre Vertragsänderungen künftig sehr viel vorsichtiger formulieren müssen. Wie seht ihr das: berechtigter Dämpfer für Amazon oder überfällige Klarstellung für Verbraucher?

Kay

Mein Name ist Kay und ich beschäftige mich bereits seit über 20 Jahren mit Technik und Entertainment. Neben NerdsHeaven interessieren mich vor allem Smartphones, Games und PC-Hardware.

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