Cherry in der Krise – Produktionsverlagerung nach China und möglicher Verkauf der Peripheriesparte 20 Millionen Euro Verlust, Produktion nach China/Slowakei, MX-Patent ausgelaufen

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Cherry verlagert die Tasterproduktion vollständig ins Ausland und kämpft mit hohen Verlusten. Nun steht der Verkauf einer Sparte im Raum. Die Konkurrenz aus China und strukturelle Marktprobleme verschärfen die Lage.

Cherry in der Krise

Wenn man seit Jahren mechanische Tastaturen sammelt, hat der Blick auf die jüngsten Cherry-Zahlen etwas von einem schmerzhaften Déjà-vu: Die legendäre deutsche Schaltermarke steckt tiefer in Schwierigkeiten, als viele Branchenfans wahrhaben wollten. Die aktuelle Lage zeigt, wie hart der Wettbewerb im Peripheriemarkt geworden ist und wie schnell technische Vorsprünge verschwinden können.

Finanzielle Schieflage und drastische Einschnitte

Cherry hat von Januar bis Ende September 2025 ein Nettominus von rund 20,4 Millionen Euro angehäuft, bei nur 70,7 Millionen Euro Umsatz. Das Unternehmen rutscht damit in eine Eigenkapitalunterdeckung, was eine außerordentliche Hauptversammlung notwendig machte. Intern wurde dort bestätigt, dass die langjährige Tasterproduktion in Auerbach vollständig eingestellt wurde. Stattdessen setzt Cherry auf Partner in China und der Slowakei.

Diese Verlagerung kam nicht überraschend. Seit dem Ablauf des MX-Patents 2014 ist die Konkurrenz aus China explodiert. Marken wie Gateron, Kailh, JWK, Outemu oder Tecsee entwickeln inzwischen Schalter, die qualitativ ebenbürtig oder innovativer sind, etwa durch ab Werk geschmierte Switches oder neue Materialmischungen. Besonders im Bereich moderner Hall-Effekt-Schalter hat Cherry messbar den Anschluss verloren.

Cherry in der Krise

Auerbach als Service-Standort – und der Druck steigt

Der Standort Auerbach soll künftig nur noch als Entwicklungs-, Logistik- und Dienstleistungs-Hub dienen. Verträge mit externen Logistikpartnern laufen zum Jahresende aus. Parallel belastet nicht nur die Entwicklung im Peripheriegeschäft, sondern auch die Sparte Digital Health & Solutions, da die verpflichtende Telematik-Infrastruktur-Anbindung im Gesundheitswesen auf 2027 verschoben wurde.

Schon ein Blick auf die Umsatzzahlen zeigt die Schieflage: Während Cherry 2021 noch 168,5 Millionen Euro umsetzte, brach der Gaming-Bereich 2022 um die Hälfte ein. Auch 2025 blieb die Erholung verhalten. Die Peripheriesparte kam bis Ende September auf 50,3 Millionen Euro, Komponenten auf 3,9 Millionen Euro, Digital Health & Solutions auf 16,5 Millionen Euro.

Verkauf einer ganzen Sparte wird immer wahrscheinlicher

Um die Liquidität wiederherzustellen, prüft Cherry nun den Verkauf einer gesamten Sparte. Zur Auswahl stehen Peripherals (Tastaturen, Mäuse, Gaming-Modelle, Office-Geräte) oder Digital Health & Solutions (TI-Software, Terminals, Kartenleser). Die bereits veräußerte Untermarke Active Key brachte 12,5 Millionen Euro plus erfolgsabhängige Komponenten. Ein Tropfen auf den heißen Stein.

Der Finanzchef betont, dass angesichts der niedrigen Marktkapitalisierung (die Aktie steht aktuell bei 0,64 Euro) eine Stärkung des Eigenkapitals nur durch M&A-Maßnahmen realistisch sei. Ein Verkauf soll nicht weniger als ein Befreiungsschlag werden: Schulden tilgen, Restrukturierung abschließen, danach neu investieren.

Einordnung

Cherry steht an einem Wendepunkt, an dem jahrzehntelange Markenreputation nicht mehr ausreicht, um technische und wirtschaftliche Rückstände zu kaschieren. Der Schritt ins Ausland ist logisch, aber zugleich ein Symbol dafür, wie weit die ehemals prägende Tastaturschmiede unter Druck geraten ist. Wie schätzt ihr die Zukunft von Cherry ein: Chance zur Neuausrichtung oder Beginn des endgültigen Bedeutungsverlusts?

Kay

Mein Name ist Kay und ich beschäftige mich bereits seit über 20 Jahren mit Technik und Entertainment. Neben NerdsHeaven interessieren mich vor allem Smartphones, Games und PC-Hardware.

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