Ausgerechnet Nothing – Werbung am Sperrbildschirm schockiert Fans Lock Glimpse Sperrbildschirm-Werbung, optionale Aktivierung

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Nothing testet mit OS 4.0 das Werbesystem „Lock Glimpse“ und will künftig Drittanbieter-Apps vorinstallieren. Das Feature ist aktuell optional, sorgt aber für Unmut in der Community. Wirtschaftlich nachvollziehbar – markentechnisch ein riskanter Schritt.

Lock Glimpse Sperrbildschirm-Werbung

Dass Start-ups irgendwann erwachsen werden (müssen), ist klar. Aber ausgerechnet Nothing, die Marke, die sich stets gegen Bloatware und Systemwerbung positionierte, biegt nun auf denselben Pfad wie Samsung oder Xiaomi ein. Mit der ersten Beta von Nothing OS 4.0 führt das Unternehmen gleich zwei umstrittene Neuerungen ein: Werbung auf dem Sperrbildschirm und vorinstallierte Drittanbieter-Apps.

Lock Glimpse: Werbung statt Wallpaper

Das neue Feature hört auf den harmlos klingenden Namen „Lock Glimpse“. Dahinter steckt jedoch eine Funktion, die das vom Nutzer gewählte Sperrbildschirm-Hintergrundbild durch wechselnde Werbemotive mit Textzeile und Link ersetzt. Jedes Mal, wenn das Smartphone aus dem Standby erwacht, erscheint ein neues Bild. Per Wischgeste nach oben öffnet sich eine dazugehörige Promo-Seite.

Laut Nothing ist „Lock Glimpse“ standardmäßig deaktiviert, soll sich aber auf Wunsch aktivieren lassen – zumindest bei den aktuellen Modellen Nothing Phone (3a) und 3a Lite. Ob kommende Geräte die Werbung ebenfalls optional halten oder vielleicht sogar per Gebühr entfernen lassen (ähnlich wie beim Amazon Kindle), bleibt abzuwarten.

In der Community kam das Feature gar nicht gut an. Auf Reddit, X (@AnshuTechblog) und im Nothing-Forum werfen Nutzer dem Unternehmen Wortbruch vor – schließlich hatte CEO Carl Pei mehrfach betont, Nothing-Smartphones würden „niemals Bloatware oder Werbung“ enthalten.

Lock Glimpse Sperrbildschirm-Werbung

Standardmäßig deaktiviert: Die Funktion „Lock Glimpse“ blendet auf Nothing-Budget-Modellen künftig Werbung auf dem Sperrbildschirm ein. (Quelle: Nothing)

Offizielle Erklärung: „Nützliche Inhalte“ statt Werbung

Mitgründer Akis Evangelidis versuchte die Situation zu entschärfen. Laut ihm handelt es sich bei Lock Glimpse nicht um klassische Werbung, sondern um eine „rotierende Sammlung schöner Hintergrundbilder aus neun Kategorien“, die „aktuelle Updates und nützliche Inhalte“ anzeigen könnten. Übersetzt: Werbung in hübscher Verpackung.

Immerhin: Nutzer können künftig eigene Fotos in der Funktion verwenden. Außerdem betont Nothing, dass keine Nutzerdaten an Dritte übermittelt würden. Technisch basiert das System offenbar auf einer Lösung des Unternehmens Bouyan aus Hongkong, das ähnlich wie die App Glance auf Smartphones anderer Hersteller Werbeinhalte auf dem Sperrbildschirm ausspielt.

Bloatware kehrt zurück

Neben der Werbung kündigte Nothing an, künftig auch Drittanbieter-Apps vorzuinstallieren. Die Begründung: Zusätzliche Einnahmen, um die Margen bei Budget-Geräten zu verbessern. Während die Flaggschiffe weiterhin „clean“ bleiben sollen, werden Modelle wie das Phone 3a künftig mit ausgewählten Partner-Apps ausgeliefert – angeblich „nützliche Apps, die viele ohnehin herunterladen würden“, etwa Instagram.

Immerhin: Die Anwendungen sollen sich leicht deinstallieren lassen. Trotzdem empfinden viele Fans die Änderung als Vertrauensbruch – gerade, weil Nothings minimalistisches Software-Versprechen ein Kern seiner Markenidentität war.

Wirtschaftlicher Druck als Triebfeder

Evangelidis verweist in seinem Statement auf die wirtschaftliche Realität: Der Smartphone-Markt sei brutal kompetitiv, Margen extrem niedrig und die Verwaltung der Stücklisten (BOM) für neue Hersteller kostspielig. Etablierte Marken generierten zusätzliche Einnahmen über Software-Partnerschaften – ein Weg, den nun auch Nothing gehen will.

Damit rückt das junge Unternehmen näher an die Geschäftsmodelle der großen Player heran, auch wenn man das mit dem „Design- und Nutzerfokus“ der Marke nur schwer vereinbaren kann.

Einschätzung

Mit Werbung auf dem Sperrbildschirm und vorinstallierten Apps verabschiedet sich Nothing ein Stück weit von seinem ursprünglichen Versprechen eines puristischen, schlanken Android-Erlebnisses. Wirtschaftlich mag der Schritt nachvollziehbar sein, markentechnisch ist er riskant. Ob die Nutzer diese Entwicklung akzeptieren oder sich von der Marke abwenden, wird sich zeigen – gerade, weil viele gerade wegen des klaren Software-Ansatzes zu Nothing gewechselt sind.

Was meint ihr: Ist „Lock Glimpse“ noch vertretbar, solange es optional bleibt, oder verwässert Nothing hier seinen eigenen Markenkern?

Kay

Mein Name ist Kay und ich beschäftige mich bereits seit über 20 Jahren mit Technik und Entertainment. Neben NerdsHeaven interessieren mich vor allem Smartphones, Games und PC-Hardware.

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