Google vs. Idealo: Berliner Gericht spricht 465 Millionen Euro Schadenersatz zu EU-Kartellhintergrund, Selbstbevorzugung in der Suche, paralleler Fall Testberichte.de
Das Landgericht Berlin verurteilt Google zu 465 Millionen Euro Schadenersatz an Idealo wegen missbräuchlicher Selbstbevorzugung. Auch Testberichte.de setzt sich in einem ähnlichen Fall durch. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig; Google geht in Berufung.
Beim ersten Kaffee morgens einmal „Smartphone an, Gehirn aus“ drücken, so fühlt sich die Google-Suche für viele an: eine Reflexhandlung. Genau aus dieser Gewohnheit entsteht jedoch Macht. Und genau diese Macht steht jetzt im Zentrum eines neuen Gerichtsurteils, das die Tech-Welt aufhorchen lässt. Das Landgericht Berlin hat entschieden (Aktenzeichen 16 O 195/19 Kart (2)), dass Google dem Preisvergleichsdienst Idealo 465 Millionen Euro Schadenersatz zahlen muss, inklusive Zinsen. Ein Urteil, das zwar nicht rechtskräftig ist, aber bereits jetzt Signalwirkung entfaltet.
Die Vorwürfe gegen Google
Kern des Rechtsstreits ist der Vorwurf, Google habe zwischen 2008 und Ende 2023 seine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Genauer: Die Suchmaschine soll den eigenen Preisvergleichsdienst in den Suchergebnissen bevorzugt und gleichzeitig Konkurrenten wie Idealo benachteiligt haben. Brisant ist, dass dieses Muster bereits 2017 von der EU-Kommission im Rahmen einer Kartellstrafe festgestellt wurde. Die deutschen Zivilklagen stützen sich also auf bekannte EU-Feststellungen.
Für Idealo war der wirtschaftliche Schaden nach eigenen Angaben immens. Ursprünglich verlangte das Unternehmen 3,5 Milliarden Euro, später mindestens 3,3 Milliarden. Das Gericht gab Idealo zwar in zentralen Punkten recht, korrigierte den Schadensbetrag aber deutlich herunter. Zusammengesetzt ist der nun zugesprochene Betrag aus rund 374 Millionen Euro Schadenersatz plus über 91 Millionen Euro an Zinsen.
Weitere Parallelen: Testberichte.de gewinnt ebenfalls
Interessant ist, dass dieser Fall kein Einzelfall ist. Auch die Producto GmbH, Betreiber von Testberichte.de, setzte sich vor dem Landgericht Berlin durch. In diesem Verfahren sprach das Gericht 103,7 Millionen Euro Schadenersatz zu, ebenfalls wegen unlauterer Bevorzugung von Google-eigenen Diensten in der Suche. Die Parallele ist unübersehbar: Zwei große Preisvergleichsangebote, zwei Urteile wegen Selbstbevorzugung.
Googles Reaktion: Zustimmung – und Widerspruch
Google reagierte erwartungsgemäß zweigleisig. Einerseits begrüßt der Konzern, dass das Gericht die ursprünglichen Milliardenforderungen größtenteils abgewiesen und die Kläger zur Übernahme eines Großteils der Kosten verpflichtet hat. Andererseits weist Google die Vorwürfe klar zurück und kündigt an, in die nächste Instanz zu gehen. Das Kammergericht Berlin wird sich also ebenfalls noch mit der Sache befassen.
In einer Stellungnahme betonte Google, dass die Änderungen, die 2017 im Zuge der EU-Kartellstrafe vorgenommen wurden, erfolgreich seien. Als Argument führt der Konzern an, dass die Zahl der Preisvergleichsseiten, die Googles „Shopping Unit“ nutzen, von sieben auf 1.550 Anbieter gestiegen sei.
Einordnung des Falls
Auch wenn der Betrag von 465 Millionen Euro für Google wirtschaftlich kaum ins Gewicht fallen dürfte, ist das Urteil ein weiteres Mosaiksteinchen in der laufenden Debatte um Plattformmacht. Die Fälle zeigen: Suchmaschinen können mit ihrer Gestaltung direkten Einfluss auf Wettbewerber ausüben. Und selbst kleine Abweichungen im Ranking können Millionen bewegen, im positiven wie im negativen Sinn.
Dazu kommt: Idealo sieht den zugesprochenen Betrag nur als Zwischenschritt und kündigt an, den Rechtsweg weiter auszuschöpfen. Die Frage bleibt also offen, wie viel Schaden Google tatsächlich angerichtet hat und ob weitere Klagen folgen. Was meint ihr: Reicht ein Urteil dieser Größenordnung aus, um echtes Umdenken bei marktbeherrschenden Plattformen zu bewirken?
