Creality Hi Combo ab 489€ – der günstigste Mehrfarbige 3D Drucker Einstieg? Mehrfarbiges Drucken, Autoleveling, 260 x 260 x 300mm
Der Creality Hi Combo liefert ein starkes Gesamtpaket für Multicolor-Einsteiger mit technischem Interesse. Hohe Flexibilität, gute Ergebnisse, aber auch Geduld und manuelle Nacharbeit sind gefragt.



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Alltag trifft Multicolor
Ein Multicolor-3D-Drucker für unter 500 €? Klingt wie der feuchte Traum aller Heimdrucker, die sich sonst entweder mit Single-Color-Benchys oder stundenlangem Filamentwechsel herumschlagen müssen. Der Creality Hi Combo kombiniert die DNA der bekannten Ender-3-Reihe mit einem neu entwickelten Farbsystem (CFS) und verspricht: mehr Farben, weniger Geld. Ob das in der Praxis aufgeht und welche Stolperfallen dabei auf euch warten, klärt unser Test.
Technische Daten des Creality Hi Combo
Creality Hi Combo | |
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Bauweise | klassischer Bettschubser |
Druckverfahren | FDM mit Direct Drive |
Druckvolumen | 260 × 260 × 300 mm |
Geschwindigkeit (max.) | 500 mm/s (realistisch: 250–300 mm/s) |
Beschleunigung | 12.000 mm/s² |
Max. Düsentemperatur | 300 °C |
Heizbett | bis 100 °C |
Touchscreen | 3,2 Zoll, klappbar |
Software | Creality Print 6.1, Orca Slicer kompatibel |
Besonderheiten |
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Konnektivität | WLAN, USB, Creality Cloud |
Maße & Gewicht | 409×392×477 mm / 13,31 kg mit CFS |
Preis UVP | 489€ |
Im Inneren werkeln ein 32-Bit-Mainboard, Filament- und Stromausfallsensoren sowie Linearschienen für X und doppelte Y-Achse. Alles in allem wurde hier aus dem Vollen geschöpft, zumindest auf dem Papier.
Aufbau: Fast plug & play, aber mit dämlicher Denkpause
Der Aufbau des Hi Combo erinnert an IKEA: fast alles vormontiert, wenige Schrauben, wenige Kabel, die nur eindeutig zugeordnet werden können, hier ist eine detaillierte Beschreibung einfach nicht notwendig. Aber dann kommt DER Moment, in dem man die Anleitung liest und glaubt alles getan zu haben. Die ersten Drucke scheitern am nicht geförderten Filament. Ich hab doch das CFM System angeklemmt? Es wird erkannt? Es schiebt Filament nach? Was ist hier los? Fragezeichen über meinem Kopf.
(Dieser undokumentierte Buffer hat mir Kopfschmerzen bereitet)
Denn Creality liefert zwar einen Quick-Start-Guide für den Drucker, aber das beiliegende CFS-System wird darin bestenfalls nur kurz erwähnt. Der zweite „Guide“ ist eine schlichte Packliste aber eben keine Anleitung mit einer Schritt für Schritt Erklärung zum Anschließen des FMCF Systems, diese wäre aber bitter nötig gewesen.
(Ein Kabel zum Drucker, das andere zum Filament Buffer)
Wer sich nicht auskennt, wird beim Anschluss von Filamentbuffer, Schläuchen und CFS-Ansteuerung garantiert ins Stocken geraten. Zudem nicht nur der rechtzeitige Buffer am Rahmen angeklebt werden muss, sondern noch ein weiteres Kabel vom CFS System zum Buffer benötigt wird. Da schweigt die Anleitung einfach komplett.
Hier half mir nur den per QR Code erreichbaren Youtube Guide zu nutzen und durch Zufall die richtige Stelle ohne weitere Erwähnung des Buffers und des notwendigen Kabels zu finden. Schade, denn die Hardware ist gut durchdacht, der fehlende Informationsfluss bremst jedoch unnötig.
Menü & Software
Der 3,2-Zoll-Touchscreen ist kompakt, aber funktional. Die Menüführung gliedert sich klar in vier Bereiche: Druck, Einstellungen, Multicolor-Verwaltung und ein Expertenmenü mit Root-Option. Ja, richtig gelesen: Creality erlaubt Root-Zugriff direkt am Gerät – ein willkommenes Feature für Tüftler, das bislang selten so offen integriert wurde.
(Gutes Touchdisplay, recht einfache Bedienung und im Winkel kippbar)
Die Drucksoftware Creality Print basiert auf dem Orca Slicer und funktioniert solide, auch wenn der Gerätemanager hinter einer abgespeckten Fluidd-Oberfläche versteckt wurde. Wer lieber direkt mit Orca arbeitet, findet passende Profile.
Entsprechende Profile sind direkt hinterlegt und können wie gewohnt angepasst werden. Das sollte man auch tun, da einige Start Settings einfach zu langsam oder auch bei bestimmten Materialien zu schnell sind. Warum wird mit hoher Geschwindigkeit beworben, die erste Schicht will aber mit lächerlichen 50 mm/s gedruckt werden?
(Anpassen des Reinigungsvolumens)
Mit dem Anpassen des Reinigungsvolumens kann man das aber umgehen. Standarmäßig ist 1,3 eingestellt, erhöht man diesen Wert wird mehr Material ausgedrückt und dann sollte man auch ohne Wipe Tower auskommen.
Kalibrierungsritual: Willkommen beim Overkill
So praktisch das CFS auch ist, die Kalibrierung des gesamten Systems vor jedem Druck ist eine Geduldsprobe. Im Worst Case vergehen über 13 Minuten, bis der eigentliche Druck beginnt. Enthalten sind: Doppelte Z-Endstop-Abfahrten, Düsenreinigung mit Pad und Gummi, Temperatur-Checks, Auto-Leveling, Z-Achsen-Tilt-Check und Purge-Line-Prozeduren.
(Saubere Kabelführung, aber langwieriger Druckstart)
Dabei wird die Temperatur erhöht, runtergekühlt, erneut verringert, wieder erhöht etc. Das dauert super lange. Der ganze Ablauf wirkt völlig undurchdacht weil hier gefühlt irgendwie ohne Plan vorbereitet wird. Immerhin kann man aber das Bed leveling deaktivieren, das verringert die Zeit auf erträglichere 7 Minuten.
CFS-System: Bambu lässt grüßen
Das Creality Filament System (CFS) basiert auf dem Prinzip des AMS von Bambu Labs: Vier Spulen, RFID-Erkennung für Creality Filamente, automatischer Wechsel. Nur: Creality geht ein paar eigene Wege. Statt aktiver Filamenttrocknung gibt’s ein kleines Display für Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Die Spulen werden passiv über Silica-Päckchen unter den Spulen geschützt. Die müssen aber auch im Vorfeld erst von einer Schutztüte befreit werden.
Der Farbwechsel klappt wunderbar ohne Probleme, die Rotation und die damit verbundene Geräuschkulisse ist aber hörbar. So wie der Drucker nicht super still ist, ist eben auch der Filamentwechsel hörbar.
Druckergebnisse: Licht mit Schatten
Insgesamt liefert der Creality Hi gute bis sehr gute Druckergebnisse, sofern man sich an gewisse Spielregeln hält. Ein paar Beispiele aus unserem Test:
- Benchy (FLsun3D schwarz PLA) 5%Infill, 2 Wände: 43 Min., solide, aber nicht spektakulär, kleine Probleme bei Überhängen
- High Speed Test (Ankermake PLA Grün) sehr sauber, aber auch eben nur eine Wand, kann sich absolut sehen lassen
- Weel Logo (Flsun3D PLA schwarz) sauber ohne Probleme, ebenso schnell fertig wie es auschaut
(Schwarz und Weiß, aber nicht unbedingt unterschiedlich wie Tag und Nacht: 40 Min Benchy)
(Der Hispeed Test ist fantastisch geworden, das Weel Logo schaut auch gut aus, glätten auf der Oberfläche würde es noch schicker machen)
Jedoch sieht man auch: die Qualität schwankt mit jeder Filamentsorte und Hersteller, wer hochwertiges PLA kauft, bekommt auch bessere Drucke und saubere Schichten, Überhänge sind nicht immer perfekt, siehe Woll Dino.
Multicolor in der Praxis: Solide mit Optimierungspotenzial
Komplexere Multicolor-Drucke, wie ein Woll Dino, gelingen ebenfalls, brauchen aber viel Zeit und erzeugen deutlich mehr Müll (Purge-Waste). Die Farbübergänge sind klar, die Details wurden sauber in der richtigen Farbe gedruckt. Schwächen zeigten sich nur bei sehr kleinen Details, etwa den 3 Punkten im Auge. Hier liegt es aber auch oft am jeweiligen Filament, wie sauber er tatsächlich druckt. Das weiße Filament schnitt besser ab als das silberfarbene Filament. Für den Testdruck hab ich ja unterschiedlich PLA Sorten verwendet.
(Viel Zeit, viel Müll, der Wipe Tower ist aber immer standardmäßig aktiviert)
Der größte Kritikpunkt bleibt aber immer noch der immense Zeitaufwand und das verschwendete Material, ja klar auf den Purge Tower könnte ich verzichten (zumal der schwerer als das gedruckte Objekt ist), aber das ständige Wechseln der Farbe und Rest rausrücken kostet ebenso Zeit und Material. Gerade durch den langen Filamentweg über den Buffer hin zum CFS System dauert es ewig.
Nehmen wir als Beispiel auch einfach mal das in normalerweise 40 Minuten gedruckte Benchy Schiffchen. Zweifarbig dauert es einfach mal über 5 Stunden und produziert mehr Müll als das Schiff selbst groß oder schwer ist. Schickes Ergebnis, mir persönlich aber nicht den Zeit- und Materialaufwand wert. Wenn man jetzt wiederum 5-8 Schiffchen drucken würde, würde der Müll sich ja relativieren, eigentlich sogar gleichbleibend wie bei einem Schiffchen sein, da ja mit einer Farbe eben die 5-8 Modelle gedruckt werden und erst danach die Farbe gewechselt wird.
(Für einzelne kleine Modelle lohnt mehrfarbiges Drucken eigentlich kaum)
Emissionen: Flüsterleise ist anders
Mit einem Stromverbrauch von 166 W im Druck und 11,4 W im Standby zeigt sich der Hi Combo genügsam. Die Geräuschkulisse liegt bei etwa 58 dB, was vertretbar ist, subjektiv stören jedoch tieffrequente Lüftergeräusche und das gelegentliche Surren der Z-Achse beim Kalibrieren. Ebenso wird beim Filamenttausch/Wechsel der Vorgang durch ein recht lautstarkes Surren der CFM Einheit begleitet.
Die Wärmeverteilung auf dem Bett ist etwas ungleichmäßig, mit klaren Hotspots an den Rändern, jedoch ohne negative Auswirkungen auf die Haftung.
Fazit: Viel Farbe, aber nicht ohne Haken
Der Creality Hi Combo ist mehr als ein günstiger Ender-3-Klon mit Farbupgrade. Er bietet ein durchdachtes Feature-Set, ein großzügiges Druckvolumen, eine intuitive Bedienung und Multicolor-Funktionalität, die sich im Alltag bewährt. Die Schwächen liegen im Detail: fehlende Anleitung und die überlange Kalibrierung sind einfach nervend.
Wer aber bereit ist, ein paar Einstellungen selbst zu optimieren und sich nicht vom Kalibrierungsritual abschrecken lässt, bekommt hier ein Paket, das in dieser Preisklasse derzeit kaum Konkurrenz hat, mit Ausnahme des Bambu A1 Combo, der allerdings meist teurer ist. Nehmen wir zum Vergleich noch den Kobra 3 Combo ins Spiel, gewinnt Creality das Rennen.